Es gibt Unterkünfte, die eine gewisse Berühmtheit unter Travellern genießen und von nahezu jedem angesteuert werden, der hier unterwegs ist. Rezeiky Camp in Luxor gehört dazu, der Blue Nile Sailing Club in Khartoum, und in Addis Abbeba ist the place to be Wims Holland House, eines der wenigen solcher Camps, von denen wir vorher schon gehört hatten. Und es könnte holländischer und einladender kaum sein. Internet funktioniert hier zwar auch seit Tagen nicht (und im Internet-Cafe dauert es fast eine Stunde, eine E-Mail zu verschicken – und das in der Hauptstadt!), aber es gibt Strom, fließendes Wasser, kaltes Bier, Bitterballen (!) und Platz für unsere Autos. Und einen warmherzigen gewitzten alten Holländer namens Wim, den wir genau wie seine junge hübsche äthiopische Freundin sofort in unser Herz schließen. Er erzählt uns von seinen Anfängen in Afrika, und zeigt uns alte Fotos. Michael und die Iren sind schon da und allesamt voller Flöhe. Die Armen sehen aus wie Streuselkuchen und wir sind noch einmal extra froh, dass wir fast immer in unserem schönen sauberen Auto schlafen können. Als endlich alle „flu-frei“ sind, feiern wir den Abend und Michaels Geburtstag mit Wim und einem holländischem Würfelspiel, einer Art Mäxchen, das von den Iren in eine üble Saufspielvariante abgewandelt wird. Guys, we hope you are soooo soooorry… 😉
Auch unser Auto wird gefeiert, denn es hat in Addis eine neue Windschutzscheibe bekommen. Bereits seit der Türkei wo uns auf einer ganz gewöhnlichen asphaltierten Landstraße von einem überholenden Auto ein Stein entgegengeflogen ist, fahren wir mit einem großen Stern in der Scheibe herum, dessen Sprünge sich inzwischen über die ganze Länge und Breite der Scheibe ausgeweitet haben. Wir hatten uns zwar schon fast an den Anblick mit den Klebstreifenflicken gewöhnt, aber wir haben noch einige Rumpelpisten vor uns, die wir lieber mit einer heilen Scheibe befahren und der neue klare Blick gefällt uns auch wieder ganz gut.
Die ganze Zeit über werden jetzt die chilenischen Bergarbeiter gerettet, andere Nachrichten gibt es wieder nicht. Wir nehmen das als gutes Zeichen, kaufen noch im Expat-Supermarkt von Addis ein (der heißt tatsächlich Bambi!) und machen uns auf den Weg nach Süden.
Die Landschaft hat sich wieder völlig verändert. Es ist flacher geworden, wärmer, und die grünen Berge sind einer Savannenlandschaft gewichen. Hier sieht Afrika aus, wie man es sich vorstellt. Zum allerersten Mal haben wir uns mit Michael und den Iren, die wir seit Wochen nur durch loses Austauschen der Reisepläne immer wieder treffen, für den Abend fest verabredet. Nur leider ist das Camp wo wir uns treffen wollen, seit Wochen geschlossen, und die umliegenden Lodges nehmen keine Camper. Ohne Internet können wir einander nicht kontaktieren, alles ist hier weit verstreut und so haben wir wenig Hoffnung, unsere Freunde bald wiederzusehen. Als wir aber endlich – es wird schon langsam dunkel – eine Campsite am See gefunden haben, prostet uns schon von der Terrasse ein fröhlicher Michael zu. Wir lassen uns an einem idyllischen Platz unter Schirmakazien am See nieder. Es gibt Hippos, Tilapia und Pelikane, jede Menge bunte Vögel, und direkt über uns nistet ein Fischadlerpärchen. Das Restaurant wird von einem charismatischen Amerikaner namens Edward und seiner Frau Jazzie betrieben, die zwar äthiopischer Herkunft ist, aber lange in den USA gelebt hat, amerikanischer kaum sein könnte und einen kleinen, total unäthiopischen Kläffköter namens Poogie-Boo besitzt. Es ist schon lange dunkel, wir haben gerade unsere köstlichen Burger verdrückt, da treffen – schwupps – die Iren ein. Wir beschließen, ein paar Tage zu bleiben, denn Jazzie macht uns ein Angebot, das wir nicht ablehnen können: am nächsten Tag wird eine Ziege geschlachtet, und es gibt Campfire mit Barbecue am Strand. Kann das Leben schön sein! Wir verbringen unbeschwerte Tage in der Hängematte, paddeln in Kanus herum, üben mit der Zwille zu schießen (nur halb so furchteinflößend wie eine AK 47) wir faulenzen, lesen und beobachten die Adler.
Aber bald zieht es uns weiter in den Süden. In Konso machen wir eine Mini-Stippvisite im Omo-Valley. Man kann hier Stämme besuchen, die mit sehr urtümlichen Bräuchen und Ritualen leben. Sie sehen spektakulär aus und ihre Rituale sind ziemlich bizarr: sie schlagen – rituell – ihren Frauen den Rücken blutig, springen über Stiere und sowas. Aber ist das alles noch echt, oder wird das nur noch für die Touristen und deren Geld veranstaltet? Und ist es eigentlich überhaupt besser, wenn es echt ist…? Um ihnen – echt oder nicht – dabei zuzusehen muss man sich im örtlichen Touristen-Büro anmelden, bezahlen, einen Guide anheuern, diesen wieder bezahlen, und jeden einzelnen Menschen, den man fotografiert, muss man nochmal bezahlen. Wir haben eigentlich eine Abneigung gegen derartige Ausflüge, aber was wir bisher an Bildern gesehen haben, sieht beeindruckend aus, die Iren haben (im Gegensatz zu uns) Platz für einen Guide im Auto und so wagen wir wenigstens einen Versuch. Der Ort, den wir besichtigen, ist schön, wir sind die Attraktion des Tages und an jeder Ecke, um die wir geführt werden, bauen sich Menschen auf, sorgfältig zurechtgemacht oder entblößt – je nachdem – und versuchen uns dazu zu bewegen, sie zu fotografieren oder ihnen irgendwelche Sachen abzukaufen. Ständig werden wir belagert und bedrängt, was wir sehen ist interessant, aber die Art der Präsentation ist nicht so ganz unser Fall. Als wir über die schlechte Holperstrecke langsam abrumpeln laufen uns Scharen von Kindern hinterher, die uns diesmal nicht mit Steinen bewerfen, sondern stattdessen versuchen, auf unser Auto zu klettern. Das irische Auto wird erfolgreich bestiegen, bei unserem endet der Versuch, sich irgendwo festzuhalten, wie wir später entdecken, in einem abgerissenen Metallbügel. Für das Kind wahrscheinlich ein Heidenspaß, für uns ein schmerzlicher Verlust, diesen Bügel brauchen wir um unsere Hintertür offenzuhalten, und er lässt sich nicht so einfach selbst basteln. Wir haben nach fast vier Wochen aber auch eigentlich genug von Äthiopien gesehen und steuern – diesmal gleich gemeinsam mit den Iren – das nächste Land an.
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