Ethiopia – Highlands

Ethiopia, no more desert… but green lush mountains after the rainy season. Roads full of animals and lots and lots of people everywhere.. The contrast with Sudan could not be greater.. but loving it.

Es ist, als wären wir in ein Flugzeug gestiegen und um den halben Erdball geflogen. Alles, aber auch alles ist in Äthiopien anders. Die Religion (christlich), die Sprache (amharisch, saukompliziert) und die Schrift (eine Art Hieroglyphen), und auch der ganze Kalender: wir schreiben hier das Jahr 2003, den Monat März und die Zeitrechnung ist um sechs Stunden versetzt. Die Menschen sehen anders aus, und die Landschaft auch: das saftig grüne Hochland, in dem wir uns bewegen ist zwischen 2.500 und 3.500m hoch, die Berge türmen sich bis auf 4.500m Höhe, und es ist so kalt dass wir unsere Fleecesachen herausholen und Handschuhe und Mützen vermissen. Die Straßen sind löchrig und steinig (die Chinesen sind dran, aber noch nicht fertig) und unglaublich voll. Nicht etwa mit Autos, sondern mit Rindern, Ziegen, Schafen und Eseln. Und Kamelen! Dazu sind unentwegt massenhaft schwer beladene Menschen unterwegs. Kinder im Vorschulalter treiben ganze Kuhherden vor sich her (abends werden die Kühe auf der Straße gefüttert, nachts legen sie sich auf der Straße schlafen), und gegen Abend gehen die Leute offenbar auch mal einfach spazieren. Wenn wir die düsteren Hütten aus dürrem Holz betrachten, die im Schlamm stehen, ohne Strom oder fließendem Wasser, können wir das sehr gut verstehen.

Aus ist es auch mit der sudanesischen Zurückhaltung. Das Land ist dicht besiedelt und die Äthiopier sind brennend neugierig. Sobald sie merken, dass man anhält (und das dauert ungefähr zwei Sekunden), kommen sie angerannt, bauen sie sich um einen herum auf und starren einen einfach an. Das ist echt gewöhnungsbedürftig, macht Picknicke ungemütlich und unterwegs austreten wird zum Wettrennen. Kinder bewerfen einen ab und an mit Steinen (nicht wirklich böse, eher als Sport, so wie sie ihre Ziegen auch mit Steinen bewerfen), brechen aber fast immer in lautes, fast hysterisches Geschrei aus, wenn sie einen „Faranji“ sehen, und bestürmen einen, ihnen „money“, „pen“ oder „water“ zu geben. Mit „water“ ist nicht etwa Wasser gemeint, sondern die dazugehörige Plastikflasche, die hier wie alles Verpackungsmaterial eine echte Kostbarkeit darstellt. Dass dieses Land zu den saubersten gehört, die wir je gesehen haben, liegt wohl nicht zuletzt an dem rigorosen Pfandsystem, das hier herrscht. Es ist kaum möglich, eine Flasche Wasser, Bier oder Wein zu kaufen, ohne eine alte zurückzubringen. Wenn man neu in das Land einreist, nicht einfach. Mühsam betteln, schummeln und kaufen wir uns ein paar Flaschen zusammen und hüten sie wie einen kostbaren Schatz. Plastiktüten gibt es ebensowenig, und es hat keinen Sinn, Brot kaufen zu wollen, wenn man kein Behältnis dabei hat, dasselbe gilt für Milch, die ist überhaupt fast nur lose im Restaurant zu kriegen. Natürlich werden unsere ausgetrunkenen Plastikflaschen verschenkt, und wir sind beschämt, was für Freudentänze wir damit bei den kleinen Mädchen auslösen.

Das ganze Land ist voll mit Hilfsorganisationen, vom „vergessenen“ Afrika kann man hier kaum reden. In fast jedem Dorf gibt es ein Wasser-, ein Schul- oder ein Gesundheitsprojekt, dazu überall Tafeln mit „visions“, „missions“ und „objectives“ oder Mahnungen, die die Menschen anhalten, ihre Kinder zur Schule zu schicken statt zur Arbeit, erst zu verheiraten, wenn sie wenigstens das Jugendalter erreicht haben, oder auch darauf hinweisen, dass „also animals have feelings“. Darüber amüsieren wir uns nur solange, bis wir sehen wie nicht nur die Hühner hier transportiert werden (kopfüber hängend), sondern auch die Schafe (auf dem Autodach flach festgebunden). Die Menschen führen hier aber auch ein hartes Leben, vor allem die Mädchen und Frauen schleppen ständig unvorstellbare Lasten Wasser, Holz oder Gras durch die Gegend, während die Männer mit ein paar Ochsen und einem kleinen Holzpflug die Äcker malträtieren, oder lässig mit beiden Händen auf dem quer über die Schultern gelegten Stock ein paar Tiere vor sich hertreiben.

Wir ruhen uns ein paar Tage in Tim&Kim Village am Lake Tana aus, einem idyllischen Platz ohne Strom und fließendem Wasser, dafür mit grandiosem Blick über den See, Freiluftdusche aus dem Eimer und einem riesigen Feigenbaum, in dem sich die schönsten Vögel tummeln. Nach und nach treffen die meisten unserer Fährengefährten ein, Marc und Michael, der Motorradfahrer aus Köln, den wir schon seit Kairo immer wieder treffen, gehen fischen (erfolglos) und bald beschließen Tim & Kim zu unserer großen Freude, dass wir genug sind, um ein Barbecue zu machen. Das heisst, dass eine Ziege geschlachtet wird, was sich in einer Welt ohne Kühlschrank nur lohnt, wenn sie schnell gegessen wird. Kein Problem für uns, die Ziege schmeckt großartig, und kaltes Bier schleppt einer der Arbeiter regelmäßig aus dem Dorf herbei.

Gestärkt machen wir uns auf den Weg in Äthiopiens nördliches Bergland. Kurz nach der Regenzeit ist hier alles grün. Autofahren bedeutet hier, sich einen Weg durch die Tierherden zu bahnen. Dabei werden wir zu richtigen Verhaltensforschern: Ziegen und Schafe sind recht ängstlich und weichen meist rechtzeitig aus. Kühe und Kamele bleiben einfach stur in ihrer Bahn und sind gut einzuschätzen. Was absolut total unvorhersehbar ist, sind Esel. Esel ändern jederzeit völlig unerwartet, unlogisch und oft selbstmörderisch ihre Richtung. Sie sind echt gefährlich und wir alle haben vor ihnen Angst.

In Gondar gibt es eine echte Ritterburg, in der die Herrscher im Mittelalter in sagenhaftem Reichtum gelebt haben. Die Berichte der (wenigen) damaligen Reisenden darüber wurden in Europa in ungläubigem Staunen aufgenommen. Kostbare Teppiche, Gold und Edelsteine, erlesenes Essen, Wein aus Kristallgläsern, Kerzen und venezianische Spiegel in einer Burg mitten in Afrika. Dazu im Hof Löwenkäfige für in Ungnade gefallene Zeitgenossen.

Der Weg weiter in den Norden ist schön aber hart: 250 km schmaler steiniger Rumpelpfad in einer Steilwand, der uns und unser Auto ganz schön fordert. In der ersten Stunde schaffen wir nur 11 km! In der zweiten schon 18 und nach und nach schaukeln wir uns auf über 20, aber es wird ein langer Tag und ist längst dunkel, als wir endlich in Axum ankommen. Hier soll sich die Bundeslade befinden, nur überzeugen können wir uns davon nicht, da Touristen noch nicht mal in die Nähe der Kirche gelassen werden, in der sich dieser unerhörte Schatz befinden soll. Wir reisen weiter durch die grandiose Landschaft nach Debre Damo, einem uralten Kloster hoch oben auf einem Felsen in den Wolken. Der einzige Weg dorthin ist ein Seil, an dem man gut 15 Meter hochklettern muss, auch alle benötigten Waren und Güter werden daran hochgezogen. Nur Männer werden eingelassen, weibliche Wesen haben keinen Zutritt. Die 150 Mönche sind so streng, dass sie noch nicht mal weibliche Hühner zu sich auf den Berg lassen! Na wenn‘s denn der Heiligkeit dient… Marc und Michael machen sich auf den Weg und ich lagere mit den einheimischen Frauen am Fuß des Felsens, mache Fotos und habe meinen Spaß an den unterschiedlich ausgeprägten Kletterkünsten der Dorfjungs.

In Lalibela gibt es nicht nur die größte Attraktion Äthiopiens zu bewundern, insgesamt elf aus dem Fels herausgehauene neunhundert Jahre alte Kirchen, sondern es ist auch ein wunderschöner, einladender Ort. An dem wir – natürlich – wieder viele alte Bekannte wieder treffen. Wir lernen dazu noch Peter aus Belgien kennen, mit dem wir durch die Kirchen und die dunklen Gänge dazwischen krabbeln. Wir besuchen den Markt, lernen was eine Ziege kostet (rund 8 Euro), ein Esel (40) und eines von den riesigen Holzbündeln, die oft von ganz kleinen Mädchen durch die Gegend geschleppt werden (80 Cent). Wir haben das Gefühl, langsam das wirkliche Äthiopien kennenzulernen. Irgendwann trauen wir uns, Tej auszuprobieren, eine Art Honigbier, das man aus Reagenzgläsern trinkt. Das Zeug schmeckt wie nichts, was wir kennen, aber eigentlich nicht schlecht. Und wir haben einen lustigen Abend mit einheimischen Jungs in der Lehmhütte, wo es ausgeschenkt wird. In einem  vornehmeren Hotel, auf dessen Terrasse wir den Sonnenuntergang bewundern, läuft ein Fernseher und wir erfahren zum ersten Mal von den verschütteten chilenischen Bergarbeitern. Das Unglück muss schon kurz nach unserer Abreise passiert sein, und die armen Kerle waren die ganze Zeit da unten… aber offenbar plant man ihre Rettung, und andere Nachrichten gibt es bei BBC an diesem Tag nicht. Uns zieht es wieder in die Zivilisation, wir müssen unsere Vorräte auffüllen, hoffen auf Internetverbindung und nehmen Kurs auf die Hauptstadt.

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