Purple Beach 4 – South Atlantic

Dies ist kein Passagier- sondern ein Arbeitsschiff und es gibt für uns im Grunde nichts zu tun. Was uns aber ganz recht ist. Wir genießen es, mal nichts entscheiden und uns um nichts kümmern zu müssen, nichts organisieren, nichts einkaufen, nichts reparieren, nichts waschen, kochen, putzen, spülen oder aufräumen, einfach überhaupt gar nichts. Wir ruhen uns aus, wozu wir in den letzten Monaten wenig Gelegenheit hatten, weil einfach ständig irgendwas zu tun war. Außerdem genießen wir den Blick auf den Ozean und entdecken das Schiff. Zu unserer Überraschung dürfen wir uns eigentlich jederzeit überall frei bewegen, inklusive der Brücke. Der Kapitän führt uns auf dem Schiff herum, zeigt uns die Werkstätten und Arbeitsräume und seinen Lieblingsplatz auf dem Bug, von dem aus man die fliegenden Fische beobachten kann, die fast ständig übers Wasser zischen. Auch Delphine bekommen wir häufig zu sehen und ab und zu auch einen Wal.

Langsam wird die See ruhiger, die Luft wärmer, und nun wird das Schwimmbad mit Wasser gefüllt. Im Prinzip ist das ein fest verankerter, oben offener Container, der innen schön blau angemalt ist, und mit Meerwasser gefüllt wird. Nix mit Deck oder Liegestuhl dabei, und mehr als drei Züge am Stück sind nicht drin, aber zum abkühlen reicht es allemal und lustig ist es auch.

Eines Abends werden wir vom Kapitän in seine Kajüte eingeladen: Fotos gucken. Wir haben eine Auswahl zusammengestellt, die man in einer Stunde durchlaufen lassen kann, aber Mariusz ist so interessiert und auch selbst schon viel gereist, stellt so viele Fragen und will alle Geschichten hören, dass wir bei dem leckeren Rotwein, den er uns dazu reicht, bis tief in die Nacht plaudern.

Bei der wöchentlich abgehaltenen Evakuierungsübung dürfen wir in das Free-fall-Rettungsboot einsteigen während der Motor angelassen wird. Nichts für Klaustrophobiker, aber wir finden es spannend, mal so ein Ding von innen zu sehen. Anschließend ist noch Mann-über-Bord-Übung. „It’s for you!“ ruft der dritte Offizier Artur fröhlich zu Marc, als er eine der orange-farbenen Rauchbomben ins Wasser schleudert. Der hatte ihm vorher erzählt, dass der 30. April heute in Holland Koninginnedag ist bei dem das ganze Land oranje trägt.

Hier freuen sich schon seit Tagen alle auf den polnischen Nationalfeiertag am 3. Mai, an dem fast die ganze Crew frei hat, und ganz besonders auf das Barbecue am Vorabend. Bald verstehen wir auch, warum. Inzwischen ist es richtig warm geworden. Auf dem Achterdeck wird ein langer Tisch für alle aufgebaut, dazu ein riesiger Grill, eine Lampionkette und Musik. Haufenweise Fleisch, ein paar Bier und los geht’s. Wir freuen uns, endlich auch die Mannschaft ein wenig mehr kennenzulernen. Dadurch, dass wir mit den Offizieren essen, haben wir doch wenig Kontakt mit der restlichen Crew. Nun, das soll sich heute ändern. Zwar sitzen wir zunächst wieder auf den bequemen Stühlen am Offiziersende, aber nach dem Essen wird die Musik lauter gedreht, die ersten Whiskyflaschen kreisen und schließlich fasst sich einer der Ingenieure ein Herz und stapft auf mich zu. „Please don’t say no..“ hebt er an und fixiert mich dabei mit beschwörendem Blick, und natürlich lehne ich die Aufforderung zum Tanz nicht ab. Schließlich tanze ich gern und der Mann tanzt gut, und das tut auch der nächste und der übernächste. Die Offiziere ziehen sich langsam zurück und wir haben jetzt einen richtig lustigen Abend. Die Jungs klatschen sich gegenseitig ab, sie können nicht nur tanzen, sondern sind auch perfekte Gentlemen, die einen behüten und beschützen, auffangen, zum Platz geleiten, mit Getränken versorgen und mit Komplimenten überschütten. Und das alles total ohne jede Anmache. Einfache polnische Seeleute, die monatelang auf See sind. Da könnte sich so mancher zuhause mal eine Scheibe abschneiden… Außerdem wissen sie zu feiern und wir haben wirklich Spaß. Irgendwann zu später Stunde, nachdem ich wohl mit fast der ganzen Mannschaft getanzt habe, lege ich mich schlafen. Marc macht mit den Jungs noch ein paar Trommelübungen auf dem Tisch und dann ziehen sie sich noch ein Musikvideo rein. Zwischendurch wird spaßeshalber noch kurz der Notstromgenerator angeschmissen. Im Nachhinein finden wir die Entscheidung des Kapitäns, vor der Party vorsorglich das Wasser aus dem Swimming-Pool zu lassen, sehr weise 😉

Am nächsten Vormittag haben die Jungs alle lustige Namen, rauhe Stimmen und schwere Köpfe. Meine Schuhe haben die Nacht seltsamerweise an Deck verbracht, werden aber geborgen, und zum Glück haben wir ja hier nicht viel zu tun und können ohne weiteres einen Relaxtag einlegen.

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