Ferryboat Assuan – Wadi Halfa

We successfully catched the boat, an indeed it was a very special birthday-experience – thanks for all your beautiful congrats!

Wenn man in ein Land mit totalem Alkoholverbot reist, ist ja wohl klar, dass man am Abend vorher noch mal einen trinken geht. Und wer in Assuan nach so etwas wie einer Kneipe fragt, landet unweigerlich in einem Etablissement namens Free-Shop im Nebengebäude einer – jawohl – Kirche. Durch dunkle verwinkelte Gänge und Treppenhäuser, die so niedrig sind, dass man sich bücken muss, gelangt man in einen düsteren Raum (die schweren Vorhänge vor den Fenstern zum Nil sind sorgfältig zugezogen), mit einer Bar, in der es kaltes Bier und alle Arten von Schnaps gibt. Und davor drängen sich die Jungs im Moslem-Nachthemd-Outfit, und lassen es sich vor dem Fernseher beim Fußball schmecken. Die Pyjama-Party ist für uns nach Wochen in moslemischen Ländern ein geradezu unwirklicher Anblick. Nicht lange, dann haben auch ein paar Südafrikaner den Weg in den Free-Shop gefunden, und dann – natürlich – die Iren Podge, John und Jane. Mit denen lässt sich gut trinken und wir können wohl sagen, wir haben den Abend würdig verabschiedet. Um Mitternacht bekomme ich noch ein gälisches Happy Birthday auf der Dachterrasse unseres Hotels, und am nächsten Morgen ging es dann in aller Herrgottsfrühe mit einem ordentlichen Hangover zum Hafen. Die Prozedur, die dort zu durchlaufen ist, ist wieder mal endlos und zieht sich über Stunden, aber wir absolvieren alles im Konvoi und zusammen lässt es sich leichter aushalten. Außer uns sind da die Südafrikaner mit vier Autos, die beiden holländischen Wagen, der irische und eine deutsche Familie mit einem Truck, dazu noch neun Motorradfahrer. Nach sieben oder acht Stunden Paperwork in brütender Hitze ohne jeden Schatten sind alle Fahrzeuge irgendwann auf die Pontons verfrachtet und wir dürfen an Bord gehen. Es ist die gleiche „Sinai“ auf der auch Michael Palin gefahren ist, und ja, sie ist klein, übervoll und knallheiß. Alle Schattenplätze sind lange belegt und in der Sonne auf dem glutheißen Metalldeck brutzeln wir wie Eier in der Pfanne. Aber schnell haben ein paar locals Mitleid mit uns und machen uns Platz, wir haben Essen dabei und bieten es rundum an, und irgendwann trauen wir uns sogar, unsere Hängematte quer übers Deck aufzuhängen. Das Boot füllt sich immer mehr ohne irgendwelche Anzeichen einer bevorstehenden Abfahrt. Es sind fast keine Frauen an Bord, was mir kurzzeitig Hoffnung für die Erhaltung des leidlich sauberen Zustands der Damentoiletten gibt, aber die Hoffnung zerschlägt sich schnell. Die Männer benutzen unsere Toilette ganz selbstverständlich mit, mit einer Wasserspülung wissen sie nichts anzufangen, und in den Waschbecken werden abwechselnd Kinder gewickelt und Kleider ausgespült. Kurz vor Sonnenuntergang geht es endlich los. Der Schiffslautsprecher ruft zum Abendgebet, und wer gedacht hat, das Deck sei bereits voll, wird nun eines Besseren belehrt. Aus allen Ecken drängen sie sich an Deck, jeder Quadratzentimeter ist belegt, dicht an dicht wird sich gegen Mekka gebeugt, gesungen und gebetet, und als wir denken, es ist endlich vorbei, kommt die zweite Schicht an die Reihe. Als auch die schließlich ausgebetet und sich wieder nach unten verzogen hat, traue ich mich endlich, meinen mitgebrachten Rotwein aufzumachen. Solange wir noch in Ägypten sind ist das legal, es wird schon dunkel und schließlich habe ich immer noch Geburtstag! Allerdings hat das Zeug Glühweintemperatur, und wir müssen es im Glas abkühlen lassen, um uns nicht die Zunge zu verbrennen. Ich bin wirklich froh, dass zumindest in Deutschland offenbar das eine oder andere anständige Getränk auf mich getrunken worden ist – danke, Leute! In der Nacht teilen Marc und ich uns Hängematte und Schiffsdeck in zwei Schichten, die Hängematte ist okay, aber die Passagiere sind sehr neugierig und scheuen sich nicht, mit Taschenlampen hineinzuleuchten und nachzusehen, wer da so drinnen liegt, und auf dem Deck muss man aufpassen, dass man sich nicht zu sehr zusammenrollt, denn wenn man sich danach wieder ausstrecken will, kann man sicher sein, dass andere Füße da liegen, wo vorher die eigenen waren. Aber ja, natürlich haben wir Sternenhimmel über uns, und kurz nach dem Morgengebet gegen fünf oder so (Ablauf wie oben, sie beten jetzt auch unter unserer Hängematte) fahren wir dicht an Abu Simbel vorbei und bestaunen verschlafen die vier riesigen Ramses-Statuen in der aufgehenden Morgensonne. Kurze Zeit später sind wir in sudanesischem Gewässer. Die Einreiseprozedur beginnt bereits an Bord, ständig muss man irgendwo was ausfüllen, beglaubigen oder abstempeln lassen, und bevor das nicht auch der letzte Passagier getan hat, kommt keiner von Bord. In Wadi Halfa sind die Formalitäten dagegen ein Klacks und schon wenige Stunden später haben uns die beiden führenden Schlepper, ohne die hier gar nichts geht, unter sich aufgeteilt. Wir landen zusammen mit den Iren und den Südafrikanern in Magdis Gästehaus. Ein luftiges und eigentlich recht einladendes schlichtes Anwesen in der örtlichen Lehmbauweise, in dem wir uns erschöpft niederlassen. Wir haben hier nichts weiter zu tun als auf unsere Autos zu warten. Alle bewohnen mehr oder weniger zusammen einen großen Raum, zwölf Leute zwischen 25 und 65, und bald herrscht eine Atmosphäre wie im Schullandheim. Wir verstehen uns prächtig, spielen Karten und Ratespiele, bekommen immer wieder mal etwas zu essen und benutzen klaglos alle denselben Waschraum, der aus einem Stinkloch im Boden und einer Wassertonne besteht. Marcs und meine Schlafplätze sind unter offenem Himmel im Hof, und wieder bewährt sich unsere Hängematte. Bereits am Abend des nächsten Tages kommen zu unserer großen Freude nach und nach die Autos an! Das muss natürlich gefeiert werden, und schwupp, taucht aus den südafrikanischen Autos eine Whiskyflasche nach der anderen auf. Es gibt in solchen Autos jede Menge Verstecke, die haben wir alle weidlich genutzt und verbringen einen ausgelassenen Abend miteinander, bevor wir am nächsten Morgen jeder für sich in das Abenteuer Sudan aufbrechen.

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